»If Time Is Still Alive«
12. 3. – 23. 5. 2021
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10:00 – 18:00 Uhr
Kuratiert von Urban Subjects
(Sabine Bitter, Jeff Derksen, Helmut Weber)
Im Rahmen des mehrteiligen Projekts »Die Stadt & Das gute Leben« für Graz Kulturjahr 2020
Information für Besucher*innen
Ausstellungsfolder
Das gute Leben und das Leben in der Stadt ist heute genauso eine Zeit- wie eine Raumfrage. Die Auswirkungen der Pandemieraumordnung auf Städte und Öffentlichkeit können wir sehen – an den Abständen zwischen den Körpern, der Schließung von Läden und Gaststätten etc. –, aber wie wird die Zeitordnung sicht- und begreifbar? Ausgehend vom aktuellen instabilen gesellschaftlichen Kontext fragt die Ausstellung ganz allgemein danach, welche neuen Zeitformen, welche zeitlichen Praktiken und Lebensformen – im Rahmen einer feststellbaren »Chrononormativität«, wie es Elizabeth Freeman bezeichnet hat – bereits existieren und welche neuen Formen möglicher nichthegemonialer Zeit sich vielleicht herausbilden könnten.
Wird die lange versprochene Neuordnung von Zeit, Leben und Arbeit so ausfallen, dass sie mehr Leben, vielleicht sogar ein gutes, ein besseres Leben ermöglicht? Werden künstlerische Praktiken und die Praktiken derer, die am Rand der Zeit leben, imstande sein, Chronotopoi – Verbindungen von Raum und Zeit – zu schaffen, die die neuen Raum-Zeit-Verhältnisse in ihrer Bedeutung für Öffentlichkeit, Politik und Gesellschaft sichtbar werden lassen?
So werden in dem Film Biidaaban (The Dawn Comes) (2018) von Amanda Strong und Leanne Betasamosake Simpson die siedlerkolonialistische Zeitvorstellung und das Modell eines auf Besitz gründenden guten Lebens, das buchstäblich den Zugang zum Land blockiert, zugunsten einer eher relationalen Zeitkonfiguration umgestoßen, in der die Trennung von Vergangenheit und Gegenwart aufgehoben ist.
Die Arbeiten des Black Quantum Futurism Collective (BQFC), eines Gemeinschaftsprojekts von Camae Ayewa und Rasheedah Phillips, eröffnen durch chronopolitische Akte des Hörens, der Community-Organisation und – wie Phillips schreibt – durch eine »neue gemeinsame Zeitdynamik« eine Schwarze Radikalzeit.
Ultra-reds Praxis des politischen (Zu-)Hörens ist ein Ausdruck sozialen Engagements und ein Akt aufrichtigen Interesses für die Communities, mit denen die Gruppe arbeitet. Der Akt des Hörens auf die Gegenwart und das alltägliche Zeiterleben in der Covid-19-Situation liefern Antworten auf die Frage »Wie klingt das gute Leben?«.
Auf ähnliche Weise untersucht das lose Kollaborationsprojekt School of Temporalities (Maja Bekan, Annette Krauss, Julia Wieger) das genderabhängige Zeiterleben in der Covid-19-Situation, durch Interviews mit Frauen aus verschiedenen Communities, mit verschiedenen Berufen und ganz unterschiedlichen Zeit- und Raumerfahrungen.
Eva Egermanns Arbeit wiederum verweist auf die Erfahrung nichtnormativer Körper in einem ebenfalls zeitlichen Regime der »Befähigung« . Es ist leider unschwer zu erkennen, dass die Welt für normative Körper gebaut ist und welche physischen Barrieren diese Normen mit sich bringen.
Die Ausstellung weiß um die Rolle der Kunst bei der Produktion und Inszenierung des öffentlichen Raums. Sie knüpft an diese entscheidende Aufgabe an, verschiebt aber den Fokus auf die Möglichkeit der Kunst, andere Zeiten zu inszenieren und eine öffentliche Zeit zu schaffen, die wiederum Gegenwart und Zukunft verändern kann. Wenn sich ein neues Zeitregime herausbildet, wie kann es sozial gelebt und künstlerisch sichtbar werden?
Kontakt:
Angelika Maierhofer
Camera Austria
Lendkai 1
8020 Graz, Austria
T. +43 316 81 55 50
exhibitions@camera-austria.at
www.camera-austria.at